Vor etwas mehr als zwei Jahren entdeckte ich in einer sehr schwierigen Situation meine Liebe zu w40k- Romanen, welche bis heute anhält. Man kann diese Bücher wohl mitnichten als Weltliteratur bezeichnen, die Geschichten fesseln mich trotzdem immer wieder aufs Neue. Dass sie zu 99,9% von extremer Gewalt und Rücksichtslosigkeit handeln, stört mich dabei kein bisschen, im Gegenteil. Ganze Zivilisationen werden im Namen einer anderen ausgerottet, auf einigen Planeten fließen Flüsse von Blut, es gibt kontinentweite Massenkreuzigungen, dem Blutgott Khorne werden Schädel für seinen Thron zum Opfer dargebracht und andere Nettigkeiten. Ich lese diese Bücher zu jeder Tages- und Nachtzeit, auch sehr gern als Bettlektüre und sie haben bis dato niemals einen Einfluss auf mein Einschlafverhalten, eventuelle Albträume oder gar meine psychische Gesundheit gehabt. Eine Tatsache, die jedoch nicht auf alle von mir gelesenen Bücher zutrifft.
Bei dem letzten Roman, den ich gelesen habe, handelt es sich um Milchblume von Thomas Sautner, einem jungen österreichischen Autor. Der Plot ist in einem kleinen Hinterwäldlerdorf im Österreich des Jahres 1957 angesiedelt, es geht um einen liebenswerten „Dorftrottel“, der jedoch ehrlicher und rechtschaffender ist, als Bürgermeister und Pfarrer sowie all die braven Bauern. Hinter der friedlichen Dorfidylle verbergen sich Intrigen und Gewalt, bis hin zu Inzucht und Sodomie.
Obwohl sich die im Roman geschilderte Gewalt auf nur wenige Schicksale bezieht und sie im Vergleich zu den furchtbaren Begleiterscheinungen von z.B. Kriegen beinahe nichtig und klein erscheint, so hat mich dieses Buch dennoch lange nicht einschlafen lassen. Löst ein w40k- Szenario, bei dem hunderte von Menschen lebendigen Leibes gehäutet und dann getötet werden nicht einmal ein müdes Schulterzucken in mir aus, so hat mich die eine oder andere Szene aus „Milchblume“ beinahe weinen lassen: Weil die Kühe aus irgendeinem Grunde durchgehen, fällt die Bäuerin vom Fuhrwerk und verliert ihr Kind, von dem sie ihrer Familie nichts erzählt hatte und es auch nach dem Vorfall nicht tut. Anstatt dass ihr Gatte, der Bauer, sich Sorgen macht, schreit er die Frau bloß an, warum sie nicht besser auf die Kühe aufgepasst habe, dass ihr nichts passiert sei, sehe er ja. An einer anderen Stelle wird beschrieben, wie Kühe geschändet aufgefunden werden, eine Mistgabel ragt aus ihrem Unterleib. Der Hauptcharakter Jakob rettet aus einem brennenden Hof sämtliche Tiere und auch den Großvater, für den jedoch jede Hilfe zu spät kommt. Dennoch wird er verdächtigt, den Hof angezündet zu haben, obwohl er zur Tatzeit bei seinem Dienstherrn in der Stube gesessen hat.
Seltsam, nicht wahr? Aber vielleicht ist es auch gerade diese Trivialität, welche das Buch so unglaublich grausam macht; die Tatsache, dass derartige oder ähnliche Dinge ebenso vor unserer Haustür passieren könnten und keineswegs so weit weg oder fiktional sind wie Kriege oder die w40k- Welt.
Ich kann Euch nur empfehlen, „Milchblume“ einmal zu lesen. Mir persönlich hat die Handlung sehr zu denken gegeben und mich auch vielleicht das Eine oder Andere lernen lassen. Nichts ist so grausam wie der menschliche Geist gepaart mit Unwissen und festgefahrenen Denk- und Handlungsvorgängen…
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